wc diaries

sölden, a new beginning:
every single year

Seit 1991 war klar, dass das Ötztal in die Geschichte eingehen wird. Genauer gesagt am 19. September, als das deutsche Ehepaar Erika und Helmut bei einem Ausflug an der italienisch-österreichischen Grenze eine Mumie aus der Kupferzeit entdeckten.

Der Körper des Mannes, der über 5.000 Jahre lang im Eis des Similaun konserviert wurde, ist als "Ötzi" bekannt. Er bekam diesen liebenswerten Spitzname von einem österreichischen Historiker, der die Fundstelle im Ötzal lokalisierte. Nach einer sorgfältigen Überprüfung wurde ermittelt, dass der Fundort zu Italien gehört; der Name des prähistorischen Mannes wird jedoch immer mit dem Tal in Tirol in Verbindung gebracht werden.

Es gibt viele, wissenschaftlich sicherlich weniger relevante Umstände, die das Ötztal und insbesondere Sölden als eine der Top-Destinationen von tausenden Skibegeisterten ausmacht. Die Rede ist von dem inzwischen nicht mehr wegzudenkenden Event, das seit Ende der 90er Jahre fast regelmäßig zigtausende Skifahrer und Fans in das Ötztal nach Tirol strömen lässt, um den Weltcup-Auftakt zu feiern.

Der Start in die alpinen Rennsport-Saison wird jedes Jahr aufs Neue gefeiert: die Sehnsucht auf den kommenden Winter, die Freude an der Wintersonne, der eisige Wind, der einem an Schlechtwettertagen ins Gesicht bläst, das unvergleichliche Gefühl im Schnee mit den Skiern wieder die ersten Spuren zu ziehen und einfach die herrliche Landschaft zu genießen.

Vor der Pandemie, wurde am Weltcup Wochenende die Dorfstraße zum Treffpunkt der Ski Fans. Es war ein Menschenauflauf, jeden drängte es in den bezaubernden Ort nach Tirol. Am Nachmittag empfingen viele Fachgeschäfte auf der Hauptstraße die bekanntesten und berühmtesten Sportler. Viele herzliche und intensive Umarmungen zwischen Athleten und ihren Fans - den vielen Kindern, aber auch den treuesten Fans - waren zu sehen. Ebenso lange Menschenschlangen, um ein Foto mit den Idolen zu erhaschen oder Autogrammstunden, die in den Geschäften wie Partys gefeiert wurden. Es war der Zeitpunkt, an dem Athleten nach monatelangen harten Trainingseinheiten, wieder auf das Publikum, auf ihre Fans, trafen.

Die Auslosung der Startnummern ist eine entscheidende Zäsur. Sobald die Sonne untergeht, kehren die Athleten in ihre Zimmer zurück, während die Fans auf Tour gehen. Sie genießen traditionelle Gerichte in den vielen Restaurants. Wer köstliche Fleischgerichte liebt, geht ins Wine & Dine. Die Stimmung ist überall grandios, Getränke werden an jeder Ecke ausgeschenkt. Während des dreitägigen Festes gibt es zahlreiche, nicht enden wollende Partys, die von nachts bis zu den ersten sanften Sonnenstrahlen im Morgengrauen für eine einzigartige Stimmung sorgen.

Während des dreitägigen Festes gibt es zahlreiche, nicht enden wollende Partys, die von nachts bis zu den ersten sanften Sonnenstrahlen im Morgengrauen für eine einzigartige Stimmung sorgen.

Eine ansteckende Euphorie verbreitet sich auf der Hauptstraße des Ortes. In dieser Saison wird das lebhafte Fest vielleicht etwas gedämpfter stattfinden. Aber der Enthusiasmus wird bestimmt nicht nachlassen. Das Publikum gibt Sölden - nach den letztjährigen Restriktionen - einen Teil seines Charmes zurück. Das wird den Ort wieder prägen und aufleben lassen.

Der Morgen des Rennens ist elektrisierend. Die Karawane, die sich die Serpentinenlinien der Gletscherstraße hoch zum Rettenbachgletscher bewegt, ist Zeuge davon. Der Riesenslalom in Sölden ist legendär. Es ist das Rennwochenende bei dem sowohl die Männer als auch die Frauen am selben Ort an den aufeinanderfolgenden Tagen, auf der selben Strecke antreten.

Am Samstag gehen die Frauen an den Start. Für unsere Athletin Andreja Slokar wird es ihr Debüt auf dem Tiroler Gletscher sein: "Ich bin super aufgeregt, aber gleichzeitig auch ein bisschen nervös". Eine einzigartige Strecke, bei der sich extrem steile und schwierige Abschnitte mit flachen und sehr komplexen Bereichen abwechseln. Auf der Buckelpiste, die die Athleten auf dem letzten Teil der Strecke provoziert, sind fünfzehn Tore gesetzt – sie entscheiden wer auf dem Podest steht, da müssen die Athleten alles geben. Die müden Muskeln fangen an zu brennen und die Skikanten glühen im Eis der schwierigsten Strecke des gesamten Damen-Riesenslalom-Weltcups.

Das Ende ist enorm flach. Wie man dort reinstartet und die Linie erwischt spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle für die Gesamtzeit. Häufig zeigt sich dort, wer den Kurs gut gelesen hat und die Hände jubelnd in die Höhe und in Richtung des Publikums reißen kann.

Der Rennhang von Sölden ist bereits vollständig mit Schnee bedeckt. Die Berggipfel hinter dem Tiroler Dorf leuchten in warmen Herbstfarben. Die Kulisse ist traumhaft schön.

Während es für Andreja der erste Start in Sölden ist, ist es für Alex Vinatzer eine ganz andere Geschichte. Nach einem undankbaren vierten Platz im Slalom in Cortina im vergangenen Winter, werden unsere beiden talentierten Athleten darauf brennen, den Auftakt am Rettenbach bestmöglich zu absolvieren.

Nach ein paar Jahren, die Alex zwischen den Slalomstangen verbracht hat, wird es für ihn eine Riesenfreude sein, wieder durch die breiteren Tore zu carven. Und zweifelsohne wird die Einladung, des italienischen Nationalteams sich beim ersten jährlichen Riesenslalom anzuschließen, die beste Gelegenheit sein, seine eigene Form und Kondition zu testen. "Ich fühle mich gut und fit für den Riesenslalom. Ich kann es kaum erwarten, in die neue Saison zu starten. Ich bin zuversichtlich". Dies sind die Worte von Alex, der auch eine klare Vorstellung hat, was ihn erwartet und was er tun muss: "Ich werde eine hohe Startnummer haben, aber mit einem guten ersten Lauf ist alles möglich".

Die beste Erinnerung, die man zurück nach Hause mitnehmen kann, ist das Gefühl, dass die Saison wieder vor der Tür steht. Der lang ersehnte Winter. Der Moment, in dem wir endlich wieder unserer größten Leidenschaft folgen können. Der Moment, in dem wir das Knirschen des Schnees hören und uns treiben lassen können.